8
Aufnahme- und Belichtungstipps

Ich erspare es mir, hier Tipps für Motive zu geben, denn der Fotofreund, der diese Zeilen liest, hat sicher einen Blick für gute Motive. Außerdem gibt es dafür einschlägige Literatur und genügend Beispiele in den Fotografie-Foren. Nur für den Fall, dass das eine oder andere an Kenntnissen und Lösungswegen fehlt, dies mit einer so alten Kamera technisch umzusetzen, dazu mögen meine Erörterungen dienen.

Zunächst Grundsätzliches zur Schraubleica:
Sie ist vielseitig verwendbar mit den Möglichkeiten, die ihr reichhaltiges Zubehör bietet.

Ein paar Worte zur Arbeitsweise beim Schwarzweißfilm:
Mit dem beinahe totalen Durchbruch des Farbfilms ist der Schwarzweißfilm der Film für den Kenner und den Könner geworden. Man fotografiert nicht in Schwarzweiß, weil man sich Farbe nicht leisten kann, sondern weil man die grafische Wirkung besonders schätzt und gezielt einsetzen will. Vielleicht auch, wie von mir schon oben angedeutet deshalb, weil man den gesamten Weg einschließlich den der Laborarbeit, leicht mit eigenen Hände bewerkstelligen kann.
Aber Vorsicht: „Schöne Bilder“ gelingen mit Farbe leichter als mit SW-Film!

Schwarzweiß ist nicht einfach nur das Fehlen von Farbe, SW ist „eine Abstraktion der Wirklichkeit“ (Scheerer, Leica und Leica-System). Die Farben werden in Graustufen umgewandelt und dabei erscheinen z.B. Grün und Rot praktisch als gleiche Grauwerte. Das Blau des Himmels wird beinahe zu Weiß und hinterlässt ohne Farbfilter fast keine Spuren auf dem Positiv (siehe dazu meine Bilder und Bemerkungen unter 4.4 Filter...).

 Leica IIIc; Summitar 2,0/50; f:5,6; 1/100; Grünfilter; Kodak BW400CN, Prozess C-41; Scan vom Negativ
 Streifen auf dem Beresacker

Die optimale Blende eines Objektivs 
Sonne lacht, dann mal raus mit der Kamera, aber nicht unbedingt die Blende 8!
Eine Faustformel:  Die höchste Leistung eines Objektivs ist in etwa dann erreicht, wenn man es um 2 Stufen abblendet. Deutlich weiteres Abblenden führt dann wieder zu schwächerer Leistung durch Beugungsunschärfe.
Das bedeutet für das Summitar 2,0/50, es ist ab f:4 in Höchstform. Beim Summaron 3,5/35 wäre die optimale Blende f:5,6 - 8. Blende 5,6 wird für dieses Summaron als Optimum im Leica-Taschenbuch, Laney/Puts, genannt.

Natürlich gibt es Gründe von diesem Blendenoptimum abzuweichen. Sei es, dass man ein Objekt durch Eingrenzen der Schärfentiefe „freistellen“ möchte, dazu muss die Blende weit geöffnet werden. Braucht man große Schärfentiefe, z.B. bei Nah- oder Landschaftsaufnahmen, dann muss man über die optimale Blende hinaus abblenden.
Doch keine Angst: erst beim Erreichen der Grenzen (etwa bei der maximalen Blendenzahl des Leica-Objektivs) wirken sich allmählich Beugungsverluste aus.
 

Zu lang bemessene Belichtungszeiten sind Hauptursache von Unschärfe 
Gemeint ist hier zunächst nicht die Bewegungsunschärfe durch das Objekt sondern die Unschärfe durch das „Verreißen“ der Kamera durch den Fotografen.
Persönliche Befindlichkeiten wie schlechte Kamera- und Körperhaltung, ist er allgemein etwas „zittrig“, gerade
etwas außer Puste etc. und  anderes wie Gewicht der Ausrüstung, Windstärke, fester oder beweglicher Standort, nimmt natürlich auch Einfluss. Die Schraubleica selbst ist durch den fehlenden Spiegelschlag weitgehend unschuldig an „verwischten“ Aufnahmen!

Eine Faustformel hilft auch hier wieder etwas weiter:  
1 geteilt durch die Brennweite in Sekunden sollte man als längste Freihandzeit wählen, um Unschärfen durch Verreißen zu vermeiden. Beim 35er ist das ca. 1/30s, beim 50er 1/50s.
Um Bewegungsunschärfe durch das Objekt zu vermeiden gibt es umfangreiche Tabellen mit Mindesbelichtungszeiten.
Doch ein paar Tipps dazu: Für scharfe Aufnahmen bei Auto- und Motorradrennen reicht auch die 1/1000s der Leica alleine nicht aus. Doch es gibt ja Kurven, in denen grundsätzlich die Geschwindigkeit abgesenkt wird.
Die Geschwindigkeit wird auch abgesenkt, wenn das Objekt auf einem zukommt oder sich von einem entfernt. Ja sogar ein in schräger Richtung aufgenommenes schnelles Objekt senkt die zuträgliche Geschwindigkeit ab.
Durch Mitziehen erreicht man besonders vorteilhafte Aufnahmebedingungen: Man bewegt dazu die Kamera mit, indem man das Fahrzeug in der Mitte des Suchers behält und währendessen auslöst.
Auf diese Weise erreicht man eine scharfe Abbildung der Hauptsache, während beispielsweise die Zuschauer verwischt erscheinen, was das Geschwindigkeitsempfinden noch steigert!
Grundsätzlich stellt man vorher alles an der Kamera ein. Auch die eingestellte Entfernung muss für das zu erwartende Objekt ausgelegt sein.
Wenn man die Belichtungszeit verkürzt, muss man natürlich die Blende entsprechend weiter öffnen. 
Immer daran denken: für die hohe Lichtstärke hat man ja einmal viel bezahlt, und eigentlich sind alle Leica-Objektive „offenblendetauglich“!
Also ohne Sorge bei Bedarf die Blende öffnen!
Ein paar Tipps zum richtigen Messen mit dem Handbelichtungsmesser - vornehmlich für SW:
Wenn die Sonne lacht, ... dann sollte man gar nicht um jeden Preis heraus mit der Kamera, denn der strahlend blaue Himmel mit den weißen Wolken bringt nicht wirklich die Ergebnisse, die man gerne hätte. 
Je eigenwilliger und dramatischer der Himmel ist, desto eher entstehen Aufnahmen, an denen man Freude hat.
Leica IIIc Sync, Summaron 3,5/35; f:5.6; 1/100, Grünfilter, Kodak 100 Tmax, Scan vom Negativ
Herrenhaus des ehemaligen Gut Blumenrod, Limburg-Linter, einsetzender Regen

Doch je ansprechender die Beleuchtungssituation, desto größer sind die Probleme bei der Ermittlung der richtigen Belichtungswerte. Trotz aller Toleranzen ist auch in der SW-Fotografie ein optimal belichtes und optimal entwickeltes Negativ Voraussetzung für eine technisch zufriedenstellende Vergrößerung, für einen zufriedenstellenden Scan. Dazu bedarf es eines Belichtungsmessers!
 
Ein Film wurde richtig belichtet, wenn das Negativ den gesamten Tonwertumfang des Motivs abbildet - vom bildwichtigen tiefen Schatten bis zu den bildwichtigen Spitzlichtern. Beim SW-Film sollte man im Zweifelsfalle auf die Schatten belichten und daher diese ausmessen!

Der Vorteil des Handbelichtungsmessers liegt zum einen darin, dass man ihn für verschiedene Kameras einsetzen kann, zum anderen kann man mit ihm - wie oben schon bei der Beschreibung der Möglichkeiten meines Sixtomats erwähnt - gleichermaßen Objekt- wie auch Lichtmessungen vornehmen.
 

- Objektmessung
Die Belichtungsmessung vom Ort der Kamera aus bezeichnet man als Objektmessung. Der Messwinkel eines Selen-Belichtungsmessers entspricht in der Regel dem Bildwinkel eines Normalobjektivs, ca. 40°. Das ist der richtige Messwinkel, um die Gesamthelligkeit des Bildes zu erfassen - Integralmessung!

- Messen bildwichtiger Teile - Nahmessung - Ersatzmessung
Benutzt man jedoch ein Tele- oder ein Weitwinkelobjektiv, decken sich Mess- und Bildwinkel dagegen nicht mehr.
Beim Weitwinkelobjetiv tut man gut daran, den Beli auf den bildwichtigen Teil des Motivs zu halten, ggf. verschiedene Messungen vornehmen und mitteln.
Beim Tele erreicht man eine passende Messung, indem man mit dem Gerät näher an das Objekt herangeht. Ist das nicht möglich, so versucht man eine Ersatzmessung vorzunehmen. Bei einer Portraitaufnahme ist das geeignete Ersatzobjekt der Handrücken der eigenen Hand, vorausgesetzt, er erhält gleiches Licht wie das Portrait.
Als Ersatzobjekt kann auch eine Neutral-Graukarte (18% Reflexion) oder auch heller Asphalt dienen. Ja selbst ein weißes Papierblatt ist hier von Nutzen. Man muss nur den Messwert korrigieren, indem man die Blende um 1 1/2 - 2 Stufen öffnet oder die Belichtungszeit im gleichen Maße verlängert!

- Lichtmessung 
Bei vielen vollwertigen Handbelichtungsmessern lässt sich entweder durch Aufsetzen einer Opalscheibe, einer weißen Kalotte oder - wie beim Sixtomat - durch Vorschalten eines Rollos - eine Lichtmessung vornehmen. Hierbei zielt man mit dem Belichtungsmesser aus Richtung des Objekts zur Kamera und ermittelt so genau das Licht, was auf den Gegenstand trifft!
Dazu muss man nicht unbedingt zum Objekt hinlaufen, entweder weil es zu weit entfernt ist oder auch, weil es nicht geraten erscheint, z.B. ein Raubtiergehege zu betreten, auch für eine "anständige" Lichtmessung nicht!
Halte den Beli umgedreht, aber natürlich mit geschlossenem Rollo, in der Richtung Objekt-Kamera hin und lies die Werte ab. Das geht natürlich nur, wenn Fotograf und Objekt sichtlich gleich beleuchtet werden!

Ich halte die Lichtmessung für die beste Methode, gerade in prekären Lichtsituationen und setze sie ein, wenn ein Motiv hohe Kontraste aufweist. Damit ist nicht nur der Schornsteinfeger vor dem weißen Himmel oder die Braut im weißen Kleid vor einem Kohlehaufen gemeint sondern ganz Alltägliches wie Aufnahmen im Gegenlicht oder im Schnee.


Zum Abschluss noch ein paar Tipps 

Beim Messen den Beli etwas neigen, damit man nicht nur den Himmel misst. Auch das Abschatten mit der Hand gegen den Himmel hilft, um zu genaueren Messergebnissen zu kommen, besonders bei Gegenlicht.
Nicht nur aus dem Schatten heraus die Belichtung messen sondern auch aus dem Schatten heraus fotografieren. Es ist meistens ein Baumschatten oder ähnliches zu finden. Das führt zu richtig belichteten, kontrastreichen Fotos!

Für durchwegs dunkle Motive empfiehlt es sich klapper (-1/3 bis -1/2 Stufe) zu belichten, als es der Beli anzeigt.
Bei durchwegs hellen Motiven, z.B. am Wasser, am Sandstrand oder im Schnee, ist es genau umgekehrt. Hier sollte man ruhig 1/2 bis 1 Blendestufe zugeben (Blende weiter öffnen oder Zeit verlängern).

Egal, wie man die richtige Belichtung ermittelt, eines wird schnell klar: bei hohen Filmempfindlichkeiten und lichtstarken Objektiven kommt man recht schnell an die Grenzen einer Kamera, deren kürzeste Zeit die 1/1000s ist. Gäbe es sonst keinen Grund für die Verwendung eines (Farb-)Filters, so ist er hier schon deshalb angebracht, weil er Licht schluckt. Anderenfalls muss man mit recht hohen Blendenzahlen arbeiten - Freistellen perdu, Beugungsunschärfe im Anmarsch - oder man setzt ein Neutralgrau-Filter ein!


Öffnen einer Filmpatrone
Im Bedarfsfall lässt sich eine Filmpatrone mit einem Flaschenöffne, den man auf der dem Wickelkern abgewandten Seite ansetzt, durch vorsichtiges Hebeln sehr leicht und „sauber“ öffnen.


 Gebrauchsanleitung für Hama „Filmfix“
  1. Rückspulrad auf den Wickelkern, der nach unten zeigt, aufsetzen und 3 Umdrehungen in Pfeilrichtung (gegen den Uhrzeigersinn ) drehen.
  2. Beide Metalllaschen in das Patronenmaul bis zum Anschlag einführen. Das kürzere Teil (A) ist dabei unten.
  3. Das längere Teil (B), wird jetzt herausgezogen, Teil A verbleibt derweil am Patronenmaul.
  4. Rückspulrad langsam in Pfeilrichtung drehen, bis ein leises Klicken hörbar ist.
  5. Wickelkern der Filmpatrone mit Daumen und Zeigefinger festhalten. Griffteil B wieder an A heranschieben.
  6. Wickelkern loslassen. Filmfix langsam aus dem Patronenmaul herausziehen. Wenn der Filmanfang nun aus der Patrone herausragt, war die Prozedur erfolgreich. Ansonsten Arbeitsschritte wiederholen.
  7. Rückspulrad von dem Wickelkern abziehen und wieder in die Bohrung von Griffteil B stecken.
----