letzte Erweiterung: 31.05.2013
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Blitzen mit der Schraubleica
„Blitzen mit ner Leica ist nur etwas für Regenschirmverwender.“ So cool kann man heute schwätzen!
Es
gibt die Möglichkeit sich lichtstarke Objektive kaufen zu können und
man kann hochlichtempfindliche Filme erwerben, die mit feinerem Korn
arbeiten, als der Standardfilm von damals, ein Film mit 17/10° DIN
(heutige Bezeichnung: ISO 40/17°).
Emmermann spricht im
Buch Leica-Technik von „den zur Zeit höchstempfindlichen Emulsionen“,
für die etwa 21/10° DIN (ISO 100/21°) angegeben würden (Emmermann,
Leica-Technik, S. 47). Möglich ist allerdings, dass die
Empfindlichkeitsangaben damals anderen Normen unterlagen und in
Wirklichkeit etwas höher als heute anzusiedeln sind.
Jedenfalls
war man damals häufiger als heute auf die Verwendung eines Stativs oder
künstliche Lichtquellen angewiesen. Infrage kamen da Fotolampen, Blitzpulver, sogenannte Vakublitze und erst allmählich „Hochspannungsblitzgeräte“. Gemeint waren damit unförmig große und schwere Elektronenblitzgeräte mit Bleiakku!
Blitzen mit "Blitzpulver"
„Heute hat das Blitzlicht viel von seinen früheren schlechten
Eigenschaften verloren. Vor allem kann man sich über eine starke
Rauchentwicklung nicht mehr beklagen, zumal gute Blitzlichtgemische sehr
lichtstark sind und daher nur in kleinen Mengen abgebrannt werden
müssen.
Wenn Blitzlicht mehr sein soll als der Helfer in der Not bei
Aufnahmen von Familienfestlichkeiten, kommt man mit der Luntenzündung
nicht aus,...“, siehe Das Blitzlicht, Curt Emmermann, Leica-Technik, 67.-74. Tsd, 1951, S. 105.
Das
ganze Zubehör zu einer solchen Prozedur wie z.B. unkonfektioniertes
Blitzpulver, das auf einer Art Metallschaufel verbrannt werden musste,
ist hier dargestellt. Zum Größenvergleich wurde eine 1€-Münze
dazugelegt:
Urheber: Original uploader was Conejo de at de.wikipedia
Genehmigung: CC-BY-SA-2.0-DE
Genehmigung: CC-BY-SA-2.0-DE
- Schilderung meines Freundes Erich Feller, eines Zeitzeugen, der sogar selbst agierte:
„Ich
habe als Lehrling mit meiner ersten Kamera, einer Franka Solida 6x6,
meine Familie im abgedunkelten Raum geknipst. Magnesiumpulver auf eine
Tasse geschüttet, selbstgemachte Zündschnur (Salpeter in Wasser gelöst,
Wollfaden rein, getrocknet, 10cm abgeschnitten, fertig) und Blitz.
Ich
habe das alte Bild mit dem Pulverblitz noch mal ausgegraben, aus einem
Album fotografiert, das muß 1950 oder 51 gewesen sein. Meine Eltern, mein jüngerer Bruder und ich, alle mit unserem
"Sonntagsstaat", saßen 10 Sekunden lang wie die Ölgötzen und ich starrte
auf die Zündschnur, daß die auf jeden Fall noch brannte.
Alle warten auf das „Feuerwerk“, den Magnesiumblitz
Interessant
die Schatten unserer Köpfe ziemlich versetzt, ich hatte das Tischchen
mit dem Blitz ziemlich abseits von der Kamera auf dem Stativ gestellt
wegen der Stichflamme.“
Blitzbirnchen und Fotolampen
waren zur damaligen Zeit sehr teuer, so dass man noch bis in die 1960er
Jahre mit Blitzpulver operierte.
- Ich habe es auch noch miterlebt,
"... damals in den 50er Jahren, wenn die gesamte
Familie bei Oma und Opa an Feiertagen beisammen war, und kann mich noch
schwach daran erinnern, wenn Vater ein Papierbeutelchen an einer
Gardinenstange über der Marmorfensterbank befestigte. Unten war ein
Streifen Papier als Lunte angebracht. Dann befestigte er seine Voigtländer Bessa
auf einem Stativ, stellte sie ein, dirigierte die Personen in die
richtige Position, löschte das Licht und entzündete das Pulver. Es
folgte ein tagheller Lichtblitz!
Es war ein schaurig seltenes
Abenteuer und zudem war es beim „Blitzen“ stockfinster. Kein Wunder,
dass alle mit aufgerissenen Augen, übergroßer Pupille starrblickend auf
den Bildern erscheinen."
Die Bessa meines Vaters, die 1929 auf den Markt kam und
mit ihm die Wirren des Krieges unbeschadet überstanden hat.
mit ihm die Wirren des Krieges unbeschadet überstanden hat.
Es bedurfte keiner Synchronisation der Kamera. Die Rolläden wurden
geschlossen, das Licht gelöscht, die Kamera auf "T" oder "Z" gestellt und ausgelöst. Jetzt wurde das Blitzpulver entzündet.
Das
gemutet einem alles an, wie aus einer gänzlich anderen Welt! Die Bessa war wie viele Kameras der damaligen Zeit eh nicht synchronisiert, auch nicht die Leica IIIc.
Synchronisiert waren erst die Leicas ab IIIf, wie man der "Meldung aus der Industrie" im Photo Magazin 1950/12/73 entnehmen kann:
Die Ankündigung von Umbaumöglichkeiten bzw. nachträglicher Synchronisation durch „aufschraubbare Kontaktgeber“ folgt im gleichen Artikel:
Blitzsynchronisation damals...
Die synchronisierten Gewinde-Leicas haben nur eine einzige Kontaktbuchse für den Blitzanschluss
im Gegensatz z.B. zur Leica M3, die deren zwei hat, nämlich eine für
Lampenblitzgeräte, die andere für den Elektronenblitz. Diese
Kontaktbuchse, die Kisselbach Kontaktnippel nennt, befindet sich hinten, rechts neben dem Suchereinblick. Unter dem Kurzzeitknopf befindet sich eine einstellbare Kontaktscheibe.
Meine Leica IIIc wurde irgendwann einmal zu einer Leica IIIf umgebaut, ist also nachträglich synchronisiert worden. Ich nenne sie daher Leica IIIc Sync.
Da ich kein „Vitrinist“ bin, kann ich froh darüber sein, auch wenn das Puristen anders sehen:
Ich brauch keinen komplizierten „aufschraubbaren Kontaktgeber“ mitzuschleppen, wenn ich doch einmal blitzen können möchte! :-)
Wie wichtige "Einrichtungen" für das Blitzen aussehen, sieht man auf der Rückseite meiner IIIc Sync. Die betreffenden Stellen habe ich markiert:
x ist die Kontaktbuchse für den Blitzanschluss, an die man einen Blitz per Kabel anschließt.
y zeigt auf die Kontaktzahl, auf die die Kontaktscheibe bei meiner Kamera einzustellen ist, damit Elektronenblitze im richtigen Moment gezündet werden.
z zeigt auf die eingestellte kürzeste Zeit, die beim Blitzen mit Elektronenblitz verwendet werden kann.
Bei Kontaktzahl 2 ist meine Kamera für Elektronenblitzgeräte richtig eingestellt. Das ist nicht bei allen synchronisierten Schraubleicas gleich: Diese Kamera hat schwarze Kontaktzahlen und als kürzeste Synchronzeit für E-Blitz die 1/30s. Weitere Zeiten und Einstellungsmöglichkeiten entnehme man dem unten dargestellten "Zusammenschnitt aus Kisselbach, Das Leica-Buch (1955)".
Im folgenden Bild sieht man, dass ich unterhalb der Kontaktzahl 2 einen roten Punkt als Gedächtnisstütze angebracht habe (mit Nagellack, denn der lässt sich ggf. wieder leicht entfernen).
Im folgenden Bild sieht man, dass ich unterhalb der Kontaktzahl 2 einen roten Punkt als Gedächtnisstütze angebracht habe (mit Nagellack, denn der lässt sich ggf. wieder leicht entfernen).
Synchronzahl 2 für Elektronenblitze
Schlitzverschlüsse, wie ihn die Gewinde-Leicas und auch die Messsucherleicas haben, lassen eine Elektronenblitzsynchronisation nur für die Belichtungszeiten zu, bei denen während des Verschlussablaufs das Bildfenster vollständig freigegeben ist. Genau dann muss der Blitz gezündet werden.
Wie
man auf dem nachfolgenden Bild sieht, unterscheiden sich die kürzesten
Zeiten, bei denen noch geblitzt werden kann, bei den einzelnen
Fabrikationsnummern der Gewindeleicas. Nur bei der Leica IIIf mit rot
markierten Kontaktzahlen (und der später hergestellten Leica IIIg, auf
die ich hier nicht eingehe), beträgt sie, wie auch bei der M, 1/50s. Die frühe Leica IIIf hatte schwarze Kontaktzahlen und ließ eine Elektronenblitz-Synchronisation nur bis 1/30 zu, ebenso meine Leica IIIc Sync, die auch schwarze Kontaktzahlen hat. Ich habe die Kontaktzahlen für diese Kameras rot umkreist:
Kisselbach spricht 1955 von Blitzröhrengeräten, die früher Elektronenblitz genannt worden wären (siehe Pfeilmarkierung). In der Tat nennt sie Emmermann 1951 ‘Elektronenblitz’, erwähnt aber auch synonyme Bezeichnungen wie ‘Stroboblitz’ und ‘Ultrablitz’ und umschreibt den Elektronenblitz mit ‘elektrischem Dauerblitz’. Interessanter Weise spricht Kisselbach im Leica-Buch (32. - 36. Tausend) 1965 wieder vom Elektronenblitz, dem Namen, der sich bis heute gehalten hat.
Auf die Synchronisation von Blitzlampen
gehe ich nicht näher ein, weil die sicher heute kaum noch einer
verwendet, zeige aber anhand der Kopie einer Seite aus Kisselbachs
Leica-Buch wie kompliziert das Finden der richtigen Kontaktzahl beim
Blitzen mit Lampengeräten damals war. Das beruht auf den
Unterschieden im Leuchtverhalten der Blitzbirnchen und den vielen verschiedenen Fabrikaten.
Es ist schon bemerkenswert, dass später die M3 mit einem einzigen „Kontakt für Kolbenblitz“ (neben einer zweiten Buchse, dem „Kontakt für Röhrenblitz“) auskommt.